Rezension Rob Hart – Der Store

Rezension Rob Hart – Der Store

Autor: Rob Hart
Titel: Der Store
Herausgeber: Heyne Verlag
Datum der Erstveröffentlichung: 02. September 2019
Buchlänge: 592 Seiten
Titel der Originalausgabe:  The Warehouse
ISBN: 978-3-453-27230-9
Preis: HC 22,00€ / eBook 9,99€
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 Dieser Beitrag enthält Werbung, da es sich um ein Rezensionsexemplar handelt 

 

 

Der Store liefert alles. Überallhin. Der Store ist Familie. Der Store schafft Arbeit und weiß, was wir zum Leben brauchen. Aber alles hat seinen Preis.

Paxton und Zinnia lernen sich bei Cloud kennen, dem weltgrößten Onlinestore. Paxton hat dort eine Anstellung als Security-Mann gefunden, nachdem sein Unternehmen ausgerechnet von Cloud zerstört wurde. Zinnia arbeitet in den Lagerhallen und sammelt Waren für den Versand ein. Das Leben im Cloud-System ist perfekt geregelt, aber unter der Oberfläche brodelt es. Die beiden kommen sich näher, obwohl sie ganz unterschiedliche Ziele verfolgen. Bis eine schreckliche Entdeckung alles ändert.

Quelle: Heyne Verlag  

 

 

Wann habt ihr eigentlich das letzte Mal etwas über einen Online-Versandhandel bestellt und warum?
War es, weil ihr tatsächlich nicht die Möglichkeit gehabt hättet es irgendwo lokal zu kaufen, oder ehr aus Bequemlichkeit, damit es direkt vor die Haustüre geliefert wird?
Ich muss zugeben, dass es bei mir häufig eine Mischung aus beidem ist. Zum einen fehlt mir als berufstätige Mutter oft die Zeit, zum anderen wohne ich auf dem Land, wo Einkaufsmöglichkeiten begrenzt sind. Um beispielsweise zur nächsten Buchhandlung zu gelangen, müsste ich eine Strecke von rund 35km in Kauf nehmen und hier entscheide ich mich dann doch oft für ein großes Versandhaus, das mir mein Wunschbuch am nächsten Werktag in den Briefkasten legt.
Aber ich versuche es nicht zur Regel werden zu lassen, denn die Unterstützung unserer kleinen Geschäfte liegt mir ebenso am Herzen, wie der Aspekt meiner Privatsphäre. Denn ist es nicht so, dass meine Onlineeinkäufe zum Teil recht deutlich meine Vorlieben wiederspiegeln?
Womit wir gleich beim nächsten Thema wären: Der gläserne Mensch.
Wie oft gebe ich bewusst oder unbewusst Dinge im Internet von mir preis und was passiert eigentlich mit meinen Daten? Sei es eine App, die ich mir herunterlade, meine Smart-Watch, die mich auf Schritt und Tritt per GPS verfolgt, oder unser Alexa Lautsprecher, der zwar unter anderem meine Musik auf Befehl abspielt, mich aber dennoch permanent passiv belauscht.
Ja, ich habe ein ungutes Gefühl bei all diesen Dingen, aber trotzdem habe ich durch diese freiwillige Nutzung aufgrund meiner Bequemlichkeit auch ein Stück meiner Privatsphäre aufgegeben.
Fühle ich mich gut dabei? Ich weiß es nicht. Für mich ist es einfach eine fortschrittliche Technologie geworden, die man entweder komplett ablehnen oder annehmen muss – ein Zwischending gibt es in meinen Augen nicht.
Und genau um diesen Fortschritt (oder Rückschritt) geht es auch in dem dystopischen Roman Der Store von Rob Hart. 

USA / in naher Zukunft
Die Umwelt ist durch uns Menschen am Ende – der Planet ein Schrotthaufen. Nur wenige gehen zum Einkaufen noch vor die Tür, die Mehrheit bestellt ihre Waren und Lebensmittel über den von Gibson Wells gegründeten und allmächtigen Versandhandel Cloud, der dank seiner Drohnenflotte nicht nur Lieferungen binnen weniger Stunden garantiert, sondern dadurch auch kleine Geschäfte vom Markt verdrängt hat. Ein Nachteil für all jene, deren Lebensgrundlage damit zerstört wurde, ein Vorteil jedoch für das Klima, das sich aufgrund der umweltschonenden Maßnahmen langsam erholt.
Rund 30 Millionen Beschäftigte zählen mittlerweile zum Cloud Unternehmen, die in riesigen Wohnanlagen, den sogenannten MotherClouds, neben den Versandzentren untergebracht sind. Jede ihrer Bewegungen und Tätigkeiten werden durch Smart-Watches überwacht, über die sie Zutritt zu ihren Arbeits- und Wohnbereichen erhalten, Bestellungen tätigen können, aber auch ein Sterne-Rating angezeigt, das ihre Leistungen bewertet. Erzielt man weniger als zwei Sterne, werden diese Mitarbeiter fristlos entlassen.
Und in dieses Unternehmen kommen auch Paxton und Zinnia, zwei neue Mitarbeiter, die als Sicherheits- und Versandmitarbeiter dort beschäftig sein werden. Während Paxton nur etwas Geld verdienen will, handelt Zinnia im Auftrag eines unbekannten Konkurrenzunternehmens, das den Ruf der Cloud mit allen Mitteln zerstören will. 

Rob Hart bietet mit Der Store einen erschreckend wirkendenden, aber realistischen Ausblick auf unsere mögliche Zukunft in der derjenige regiert, der die Massen befriedigt.
Eine Regierung gibt es zwar noch, aber sie ist von geringer Bedeutung. Die Cloud proklamiert sich hier als die Kraft für alles Gute, liefert uns die Waren, ist in jeder Stadt präsent und der perfekte Arbeitgeber, der uns das Leben erleichtert und unsere Bedürfnisse erfüllt. 
Alles klingt zu schön, um wahr zu sein und tatsächlich beweist uns dieser Roman ehr, in was für einem Horror seine Charaktere leben, dessen Keime sich durchaus schon in unserer heutigen Welt befinden.  

Durch den angenehmen und flüssigen Schreibstil hat es der Autor geschafft, mir seine durchdachte Welt mit all der Überwachung, Packerei und Monotonie bildlich vors Auge zu führen. Das Fehlen von Arbeitnehmerrechten, sowie das unheimliche Geschehen hinter den Kulissen von Cloud waren ebenso erschreckend wie spannend. Ich wollte immer mehr wissen, war fast schon süchtig nach Details, aber auch verwirrt, wie abstoßend und zugleich faszinierend ich diese Welt doch fand.
Da haben wir zum Beispiel den Gründer Gibson Wells, der uns immer wieder persönliche Einblicke in die Entstehung der Cloud gibt und seine Beweggründe mit uns teilt, warum er Mitarbeiter beispielsweise mit einer Smart-Watch zur Überwachung ausstattet. Das Erschreckende daran war: Ich konnte diesen Mann bis zu einem gewissen Punkt verstehen. Habe oft sogar zustimmend genickt und mir gesagt Er meint es doch nur gut.
Wenn man dann aber die Kapitel über die Mitarbeiter Zinnia und Paxton liest, hätte ich mich für meine leichtfertigen Gedanken ohrfeigen können.
Und das finde ich das Besondere an diesem Roman, denn er zeigt dem Leser nicht nur eine, sondern auch die zweite Seite der Medaille, die beide nicht so golden sind, wie sie gerne sein wollen. 

Durch die schriftstellerische Geschicklichkeit von Rob Hart bekommen wir eine akribische Darstellung einer Welt ohne Menschlichkeit, Moral und Ethik.
Denn Cloud ist das Produkt eines fraglosen Verbrauchers, der die niedrigsten Preise, die einfache Lieferung und den Komfort wünscht. Dass dieser Umstand lokale Geschäfte und unabhängige Verkaufsstellen dezimiert, ist die unvermeidliche Konsequenz eines solchen Unternehmens.  

Sehen wir uns doch einmal bewusst um. Die kleinen Tante-Emma-Läden von gestern sind heute schon eine Seltenheit oder schließen alarmierend schnell. Es gibt immer mehr Menschen, die ihre Waren entweder aus Mega-Stores beziehen oder erst gar nicht das Haus verlassen, weil Gebrauchsgüter schließlich bis zur Haustüre geliefert werden.
Und hier macht Rob Hart uns deutlich, wie nah wir seiner Dystopie schon sind.  
Der Markt diktiert und mir läuft noch immer ein kalter Schauer über den Rücken, wenn ich an das Buch zurückdenke. 

Ein kleiner Tipp noch zum Schluss: Esst niemals, niemals nie einen CloudBurger! 

 

 

Der Store ist ein beängstigendes, aber unbedingt notweniges Buch!
Es regt zum Nachdenken an und hat mich durch die überraschenden Wendungen förmlich an den Seiten kleben lassen.
Es ist zwar keine leichte Lektüre, aber genau das darf es auch nicht sein in unserer heutigen Zeit. Es muss wehtun, damit wir endlich aufwachen und etwas ändern – denn es betrifft uns alle!

 

 

♥ Vielen Dank an den Heyne Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars! ♥

 

 

Über den Autor

Rob Hart hat als politischer Journalist, als Kommunikationsmanager für Politiker und im öffentlichen Dienst der Stadt New York gearbeitet. Er ist Autor einer Krimiserie und hat zahlreiche Kurzgeschichten veröffentlicht. »Der Store« ist sein erster großer Unterhaltungsroman. Derzeit ist er Verleger von MysteriousPress unter dem Dach von The Mysterious Bookshop in Manhattan. Rob Hart lebt mit Frau und Tochter auf Staten Island.

Quelle: Heyne Verlag

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