Rezension Carmen Maria Machado – Ihr Körper und andere Teilhaber

Rezension Carmen Maria Machado – Ihr Körper und andere Teilhaber

Autor: Carmen Maria Machado
Titel: Ihr Körper und andere Teilhaber
Herausgeber: Klett-Cotta Verlag
Datum der Erstveröffentlichung: 31. Januar 2019
Buchlänge: 300 Seiten
Titel der Originalausgabe: Her Body and Other Parties
ISBN: 978-3-608-50397-5
Preis: HC 20,00€ / eBook 15,99€
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♥ Dieser Beitrag enthält Werbung, da es sich um ein Rezensionsexemplar handelt 

 

 

Ein grünes Band, das zum Auslöser eines Übergriffs wird. Ein Ballkleid, das mit der Haut seiner Trägerin vernäht wird. Ein weiblicher Körper, der von Tag zu Tag durchsichtiger wird. Carmen Maria Machado erzählt von Frauen, deren Existenzen von Männern gewaltsam überschrieben werden und fragt: Wie können Frauen in einer Welt überleben, die sie – ob durch Ehe, Mutterschaft, Tod oder Ballkleider – zum Verschwinden bringen will? Dabei reißt Machado unbekümmert alle Barrieren ein, die je zwischen psychologischem Realismus und Science Fiction, Komik und Horror, Fantasy und Fabeln bestanden haben. Aus der permanenten inhaltlichen wie stilistischen Grenzüberschreitung gehen Texte von verblüffender Originalität hervor, die die Lebensrealitäten von Frauen und die ihnen innenwohnende Sprengkraft mit großer literarischer Wucht kartografieren.

Quelle: Klett-Cotta Verlag

 

 

 

Als Carmen Maria Machado Ende 2017 erstmals ihre acht Erzählungen unter dem Buchtitel Her Body and Other Parties auf Englisch veröffentlichte, hätte sie sich wohl keinen besseren Zeitpunkt dafür aussuchen können, denn gerade da war die MeToo-Bewegung in aller Munde und die Diskussionen um Rollenbilder und Machtverhältnisse wurden immer lauter.
Kurz darauf erhielt sie eine Nominierung für den National Book Award und gewann mit ihrem Debütroman zahlreiche Preise.
Im letzten Jahr ist Ihr Körper und andere Teilhaber dann auch endlich auf Deutsch erschienen und auch ich konnte mich den zahlreichen Lobeshymnen nicht mehr entziehen und musste es endlich selbst lesen.

In acht Kurzgeschichten mischt sie Horrormärchen, groteske Bilder, Pornografie, Realität und Science-Fiction und beginnt mit einer Geschichte, in der ein Mann die Kontrolle über den Körper seiner Frau hat. Sie erzählt von einem verliebten Paar, das früh heiratet und ein Kind bekommt. Immer macht die junge Frau das, was man von ihr erwartet und auch bei der Geburt behält der Mann die Kontrolle über ihren Körper, als es um das Vernähen ihres Dammrisses geht:

Mein Mann hält mir die Hand und scherzt dabei mit dem Arzt. “Für wie viel machen Sie den einen Extrastich?”, fragt er.
(Seite 30)

Ja, es ist ein entwürdigender Satz, der bestimmt nicht nur mich wütend gemacht hat, gerade weil er tatsächlich schon einmal gefallen sein könnte, und so bekommt er, was er sich wünscht. Nur das grüne Band, das seine Ehefrau über Jahre hinweg um ihren Hals trägt, verteidigt sie.
Am Ende nimmt er ihr aber auch das – mit drastischen Konsequenzen.

Auch die anderen Storys sind gespickt mit Metaphern und Vergleichen, überwältigend und doch blumig geschrieben, sodass man immer sofort ein klares Bild vor Augen, was genau gerade vor sich geht. Fast immer spielen das Begehren und die Lust eine Rolle. Es geht es um queere Beziehungen und Liebeleien, mal um den Schönheits- und Schlankheitswahn, den sich viele unterwerfen. Dabei haben alle Erzählungen aber eines gemein: Sie sind ein Spiegel unserer Gesellschaft und unserer Zeit, in der Frauen nicht mehr hinnehmen wollen, dass ihr Körper und ihr Geschlecht gegen sie verwendet wird.
Sie erinnert daran uns selbst zu hinterfragen und nicht immer nur gefallen zu wollen und greift dabei auf vielfältige Genres zurück: Horror- und Schauergeschichten treffen auf Dystopien und Fantasy – um Grenzüberschreitungen scheint sich die Autorin dabei nicht zu scheren.

Ich spiele mit ihren Füßchen, und sie schreit, ich pruste auf ihren Bauch, und sie schreit, und etwas in mir reißt; ich bin ein Kontinent, aber ich breche auseinander.
(Seite 78)

Ihre bildreiche und sinnliche Sprache hat mich von Anfang bis Ende an die Seiten gefesselt und mich Momente der Verwirrung und der Orientierungslosigkeit erleben lassen.
Das Buch ist drastisch, irre, manchmal auch anstrengend – und immer unterhaltsam und lesenswert.
Bestimmt nicht für jeden geeignet, aber für mich war es definitiv ein Highlight.

 

 

 

Ein Beispiel von fast schon absurdem Talent schreit die LA Times und das kann ich nur bestätigen.
Ich habe bisher noch kein vergleichbares Buch gelesen und hoffe, dass noch weitere von der Autorin ins Deutsche übersetzt werden!

Ihr Körper und andere Teilhaber schafft es, Barrieren einzureißen, Genres verschmelzen zu lassen und hinter Uneindeutigem einfach mal einen Punkt zu setzten, anstatt eine eindeutige Botschaft zu vermitteln.

Ein Debüt, das sich nicht liest wie eins, aber vielleicht gerade deswegen so einzigartig ist.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung – aber lest einfach mal rein uns seid vorbereitet 😊

 

 

♥ Vielen Dank an den Klett-Cotta Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars! ♥

 

 

Über die Autorin
Carmen Maria Machado, Autorin, Kritikerin und Essayistin. Ihre Arbeiten erschienen im New Yorker und in zahlreichen weiteren Zeitschriften und Anthologien. Sie hat einen Master des Iowa Writer’s Workshop und wurde mit verschiedenen Schreib- und Aufenthaltsstipendien ausgezeichnet. Machados Debüt …

Quelle: Klett-Cotta Verlag https://www.klett-cotta.de/autor/Carmen_Maria_Machado/102368

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