Rezension Richard Ford – Irische Passagiere

Rezension Richard Ford – Irische Passagiere

Autor: Richard Ford
Titel: Irische Passagiere
Herausgeber: Hanser Literaturverlage
Datum der Erstveröffentlichung: 21. September 2020
Buchlänge: 288 Seiten
Titel der Originalausgabe: Sorry For Your Trouble
ISBN: 978-3-446-26588-2
Preis: HC 22,00€ / eBook 16,99€
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♥ Dieser Beitrag enthält Werbung, da es sich um ein Rezensionsexemplar handelt 

 

 

Die Menschen, von denen Ford in “Irische Passagiere” erzählt, haben oft haarscharf die falsche Abzweigung im Leben genommen oder einfach Pech. Es geht so schnell – ein dummer Seitensprung, eine verpasste Chance, plötzliche Krankheit, ein Wirbelsturm, und schon ist man unterwegs zur eigenen Scheidung, muss sich ganz neu orientieren, ist plötzlich der Junge, der seinen Vater verloren hat und zum Außenseiter wird. Aber so klar Ford seine Figuren in ihren Schwächen zeigt, so beiläufig lässt er sie in Würde durch ihre Anfechtungen und Prüfungen gehen. Richard Ford begegnet dem menschlichen Makel in diesem Band mit einer Zärtlichkeit, die zutiefst berührt.

Quelle: Hanser Literaturverlage

 

 

 

Ich glaube, dass ich noch nie so viele Kurzgeschichtenbände gelesen habe, wie in diesem Jahr.
Grob überschlagen müssten es mittlerweile so an die 15 gewesen sein und drei weitere warten sogar noch darauf, von meinem SuB befreit zu werden.
Dennoch denke ich, dass sie wohl Irische Passagiere von Richard Ford nicht unbedingt das Wasser reichen können, denn dieses Buch hier hat mich vor, nach und während dem Lesens wahnsinnig beeindruckt.

 

Sie haben alle irgendwie einen Knacks abbekommen, die Figuren aus diesen neun Kurzgeschichten, und während sie älter werden, müssen sie diese Brüche irgendwie verarbeiten.
Da ist beispielweise der Jurist aus New Orleans, der nach 35 Jahren auf einer Kollegenversammlung seine Jugendliebe wiedersieht. Leicht beschwipst gehen beide zusammen spazieren, nähern sich an und die Frau macht eindeutige Avancen, lässt ihn jedoch einfach im Hotel stehen.
Ein anderer fährt von Wales nach Dublin, um dort seine Scheidung abzuwickeln. Drei ausgelassene Amerikanerinnen, die mitfahren, bändeln mit ihm an. Doch angekommen, entwickeln sich die Dinge anders.

 

In Irische Passagiere geht es viel um ungenutzte Gelegenheiten und große Verluste und Richard Ford lässt seine wankelmütigen Protagonisten vor unseren Augen handeln, ohne sie dabei ins lächerliche oder zu sehr ins tragische zu ziehen.
Dennoch lässt er sie (und irgendwie auch uns als Leser) allein mit den Fragen: Soll ich meiner Erfahrung und meiner Vernunft trauen, oder mich für meine Gefühle und Neigungen entscheiden?
Er gibt keinen moralischen Kompass vor, aber genug Hinweise was sein könnte – wenn man es nur rechtzeitig wahrnimmt.
Oft sind die Figuren dabei in der Mitte ihres Lebens, in gut situierten Anstellungen, die auf ihr bisheriges Leben zurückblicken und nebenbei zu verstehen versuchen, warum sie nicht ganz die Menschen geworden sind, die sie einmal sein wollten, oder warum ein Augenblick alles verändert hat.

Man ist bei jeder Geschichte zu hundert Prozent dabei, weil Richard Ford auch zu hundert Prozent bei seinen Charakteren ist.
Ein wunderschönes Buch, dass einem immer wieder vor Augen führt, wie groß kleine Geschichten sein können, und wie lange Kurzgeschichten nachhallen können.

 

 

Richard Ford schenkt uns mit Irische Passagiere neun berührenden Geschichten mit einem überzeugenden, offenen Ende.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

 

 

♥ Vielen Dank an den Hanser Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars! ♥

 

 

Über den Autor
Richard Ford wurde 1944 in Jackson, Mississippi, geboren und lebt heute in Maine. 1996 erhielt er für Unabhängigkeitstag den Pulitzer Prize und den PEN/Faulkner Award, 2019 den Library of Congress Prize for American Fiction. Bei Hanser Berlin erschien von ihm zuletzt  Zwischen ihnen (2017).

Quelle: Hanser Literaturverlage

 

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