Autor: Agatha Christie
Titel: Der blaue Express
Herausgeber: Atlantik Verlag
Datum der Erstveröffentlichung: 14. März 2020
Buchlänge: 320 Seiten
Titel der Originalausgabe: The Mystery of the Blue Train
ISBN: 978-3-455-00224-9
Preis: TB 12,00€ / eBook 8,99€
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♥ Dieser Beitrag enthält Werbung, da es sich um ein Rezensionsexemplar handelt ♥
Hercule Poirot ermittelt nicht nur im Orientexpress … Der Fahrplan stimmt, der Zeitplan auch. Poirot reist an die Riviera – natürlich mit dem Luxuszug von Calais über Paris nach Nizza. Auch die reiche amerikanische Erbin Ruth Kettering fährt mit dem »Blauen Express«, doch als der Schaffner in Nizza an ihr Abteil klopft, findet er eine Leiche. Ein perfekter Mord – so scheint es. Doch eine kleine Unstimmigkeit lässt Hercule Poirots kleine graue Zellen nicht mehr ruhen: Die Frage nämlich, warum das Gesicht der jungen Frau entstellt wurde.
Quelle: Atlantik Verlag
Als Agatha Christie im Februar 1927 mit ihrer siebenjährigen Tochter Rosalind auf die Kanarischen Inseln reiste, befand sie sich in einer schlechten Verfassung – die Scheidung von ihrem Ehemann stand kurz bevor. Aus diesem Grund begann sie auch nur widerwillig mit ihrem Roman Der blaue Express, doch die Notwendigkeit, ein weiteres Buch zu schreiben und damit Geld zu verdienen trieb sie an. Und als das Buch schließlich im März 1928 bei Collins in London herauskam, war es ein großer Erfolg. Die Kritiker sprachen ausnahmslos positiv über einen Roman, den die Autorin selbst nie mochte.
Aber wer hat nun Recht? Die Kritiker, zu denen ich mich jetzt auch einmal zähle oder Christie? Merkt man der Geschichte an, dass sie selbst nie wirklich begeistert davon war oder ist es ein weiteres lesenswertes Buch, das sich nahtlos in meine bisherigen 5 Sterne Bewertungen einreiht?
Der amerikanische Millionär Rufus van Arden hat sein Herz verschenkt und das gleich in doppelter Ausführung: einmal in Form seiner Liebe und in Form des sagenhaften Rubins “Feuerherz” an seine Tochter Ruth. Diese ist im Moment aber leider alles andere als glücklich, da sich ihr kurz vor dem Bankrott stehender Ehemann Derek Kettering lieber mit der Tänzerin Mirelle als mit ihr vergnügt. Ruth will auf Ansinnen ihres Vaters die Scheidung von Derek einreichen, doch was er nicht ahnt: Seine Tochter ist bereits heimlich in einen anderen vernarrt, nämlich in den Comte de la Roche, einem französischen Hochstapler.
Kurz nach Bekanntgabe der Trennung begibt sich Ruth zusammen mit ihrer Zofe auf eine Reise von London über Nizza mit dem “Blauen Express”.
Ebenfalls im Zug sitzt Katherine Grey, die erst jüngst durch eine Erbschaft zur vermögenden jungen Dame aufgestiegen ist. Die beiden lernen sich zufällig kennen und Ruth zieht Katherine kurzerhand ins Vertrauen und sucht ihren Rat.
In der Nacht sieht Katherine, wie ein Mann im Abteil von Ruth verschwindet und am nächsten Morgen erfährt sie bei ihrer Ankunft in Nizza, dass die Millionärstochter ermordet und bestohlen wurde. Der unsagbar wertvolle Rubin “Feuerherz” gilt seither als verschwunden.
Aber zum Glück war auch der Meisterdetektiv Hercule Poirot mit dem “Blauen Express“ unterwegs und nimmt kurzerhand die Ermittlung auf.
“Ah, aber das ist immer so“, sagte Poirot ruhig.
“Ein Spiegel zeigt die Wahrheit, aber jeder steht anders davor, um hineinzuschauen“.
(Seite 291)
Zum ersten, aber bekanntlich ja nicht zum letzten Mal, lässt Christie in Der blaue Express einen Mord im Zug passieren. Aber das ist nicht der einzige Unterschied, den ich zu ihren bisherigen Büchern feststellen konnte, denn zum einen passiert der aufzuklärende Mord erst relativ spät in der Geschichte und zum anderen ist die Anzahl der möglichen Täter durch die räumliche Gegebenheit sehr begrenzt.
Doch auf eines kann man sich auch hier verlassen: die charmante, und, trotz der mangelnden Bescheidenheit, zutiefst sympathische Art von Hercule Poirot.
“Sie sehen wunderbar aus“, sagte Katherine taktvoll.
“Sie machen sich lustig über mich“, sagte Poirot gut gelaunt, “aber das macht nichts. Papa Poirot lacht immer zuletzt.“
(Seite 185)
Mittlerweile muss ich ja zugeben, dass sich Poirot zu einem meiner absoluten Lieblingsprotagonisten gemausert hat, denn ich kenne keinen, bei dem ich so oft die Augen verdrehe und gleichzeitig ständig schmunzeln muss. Ich liebe seine schrullige Ausdrucksweise, seine charismatische Art, allen und jeden die es hören wollen zu sagen, dass er der Beste ist und trotzdem wirkt er dabei nie arrogant oder aufgesetzt.
Auch in Der blaue Express läuft er wieder einmal zur Höchstform auf, obwohl er sich längst zur Ruhe gesetzt haben will und lässt seine grauen Zellen wohldosiert die Arbeit verrichten.
Wie oben bereits erwähnt, ist die Anzahl der Verdächtigen diesmal sehr eingeschränkt und selbst ich, die noch nie den eigentlichen Täter entlarvt hat, konnte mir relativ schnell zusammenreimen, wer hinter dem grausamen Mord von Ruth steckt.
Nichtsdestotrotz lässt sich das gesamte Buch durch die dichte Atmosphäre und den geschickten Wendungen wieder vortrefflich schnell weglesen.
Der Spannungsbogen bleibt hoch, die Figuren durchweg glaubwürdig und interessant, die Sprache hervorragend – nur auf Hastings müssen wir leider mal wieder verzichten.
Aber ein Wiedersehen mit ihm im nächsten Teil ist garantiert, den lese ich nämlich gerad.
Ach, eine kleine Randnotiz für eingefleischte Christie-Fans habe ich auch noch: Das Dörfchen St. Mary Mead, also die Heimat der guten Miss Grey, ist zugleich auch der Ort, in dem Miss Marple später ihre Fälle lösen wird.
Der kleine Mann mit dem eiförmigen Schädel und dem überdimensionalen, gepflegten Schnurrbart ist zurück!
Für mich ist Der blaue Express wieder ein souverän und interessant geschriebener Krimi aus der Feder der Großmeisterin Agatha Christie.
Klare Leseempfehlung!
♥ Vielen Dank an den Atlantik Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars! ♥
Über die Autorin
Agatha Christie begründete den modernen britischen Kriminalroman und avancierte im Laufe ihres Lebens zur bekanntesten Krimiautorin aller Zeiten. Ihre beliebten Helden Hercule Poirot und Miss Marple sind – auch durch die Verfilmungen – einem Millionenpublikum bekannt. 1971 wurde sie in den Adelsstand erhoben. Agatha Christie starb 1976 im Alter von 85 Jahren
Quelle: Atlantik Verlag