Rezension Akiz – Der Hund

Rezension Akiz – Der Hund

Autor: Akiz
Titel: Der Hund
Herausgeber: Hanser Literaturverlage
Datum der Erstveröffentlichung: 27. Januar 2020
Buchlänge: 192 Seiten
ISBN: 978-3-446-26599-8
Preis: HC 18,00€ / eBook 13,99€
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♥ Dieser Beitrag enthält Werbung, da es sich um ein Rezensionsexemplar handelt 

 

 

Der Hund ist ein Ausnahmetalent. Ein Waisenjunge, halb verhungert aus einem Kellerloch gekrochen, der kochen kann, dass es einem das Herz zerreißt. Und er ist für Mo wie ein Bruder. Als sie beide im Restaurant El Cion anfangen, steigt der Hund in den Olymp der Sterneküche auf. Akiz erzählt die Geschichte zweier Underdogs, ohne Luft zu holen, in überschäumendem Sound. Ein brachiales, unvergessliches Debüt, das mit voller Wucht auf die Explosion zusteuert.

Quelle: Hanser Literaturverlage

 

 

Kocht ihr gerne oder lasst ihr lieber zubereiten?
Ich für meinen Teil liebe beides – sowohl das Schnibbeln, Vermengen und Braten, als auch das Schlemmen im Restaurant. Und gerade dort probiere ich gerne Sachen aus, die ich so noch nie gegessen habe. Ich liebe ungewöhnliche Geschmackskompositionen aus süß und salzig, bitter und sauer und wenn ich so an meine Jugend zurückdenke, war ich eigentlich schon immer fasziniert von der Sterneküche und ihren Zauberkünstlern am Herd. Kochbücher habe ich verschlungen, Serien und Dokumentationen  mir reingezogen bis mein Hunger kaum noch auszuhalten war und als ich vor ein paar Wochen im Verlagsprogramm von Hanser schließlich auf den Hund und seinen Klappentext gestoßen bin wusste ich: Das muss ich unbedingt lesen!

Fünf Geschmäcker gibt es: Süß, sauer, salzig, bitter und umami. Nicht aber für den Waisenjungen, den alle nur Hund nennen, denn er kann alles schmecken.
Wer er ist, weiß keiner so richtig und als der Erzähler Mo ihn eines Nachts mit fettiger Bomberjacke und einem gierigen, fast schon perversen Gesicht in einer Unterführung trifft, hat er aufgrund seines straßenköterartigen Auftretens bereits seinen Spitznamen weg.
Manche Leute erzählen sich, dass er aus dem Kosovo kommt und in einem Erdloch ohne Licht aufgewachsen sei. Durch eine Luke bekam er ab und zu Brotreste und Kartoffeln gereicht, wodurch sein einziger Außenkontakt also aus Essen bestand. Und so soll der Hund auch mutiert sein und seine extrem feinen Geschmacksknospen entwickelt haben.
Sein erstes Werk entsteht zwischen verkrusteten Drehspießen in einer Dönerbude, in der er mit seinem Entdecker als Aushilfe arbeitet. Zusammen mit in Wodka ertränkten Brotkrümeln und angebratenen Tabak zaubert er eine Kreation von der Mo probiert und da passiert es: Sein Körper scheint sich in einer Art Rausch aufzulösen und er wittert eine Geschäftsidee, mit der er und der Hund  es tatsächlich bis in die Küche eines der nobelsten Restaurants der Stadt schaffen.
Doch dort gerät sein Talent immer weiter außer Kontrolle.

 

Angeblich konnte er schmecken, ob die Kartoffeln in der Nähe einer Autobahn geerntet wurden, oder ob das Fleisch von einem Tier stammte, das schmerzlos oder qualvoll hingerichtet wurde. Oder wer das Essen gekocht hat. Ob es ein Mann oder eine Frau war. Ob sie sich vorher die Hände gewaschen hatte, ob sie ihre Tage oder vor Kurzem noch Sex gehabt hatte.
(Seite 6)

 

Akiz, der mit bürgerlichem Namen Achim Bornhak heißt, ist Künstler, Maler, Bilderhauer und bisher vor allem als Regisseur und Drehbuchautor in Erscheinung getreten – und vor allem letzteres merkt man seinem Debütroman Der Hund auch deutlich an. Er bedient sich einer sehr kräftigen, brutalen, sinnlichen und sehr beschreibenden Sprache, sodass auf den knapp 190 Seiten ein Kopfkino entsteht, das einen vollkommen in seinen Bann zieht.
Es ist schwer zu beschreiben, was das Buch in mir ausgelöst hat. Von Ekel über Faszination bis hin zu Mitleid war eigentlich alles dabei und wenn ich einen Vergleich ziehen müsste, würde ich sagen, dass es dem Disney Film Ratatouille ziemlich nahe kommt, nur eben mit Quentin Tarantino in der Regie.
Hier wird aus dem noblen Gebilde einer gehypten Restaurantküche eine surreale Parallelwelt erschaffen, in der sich Spitzenköche mit Messern Kokain zwischen die ungepflegten Zähne schieben oder Pillen einwerfen, damit niemand im Hochbetrieb die Toilette aufsuchen muss. Aus harmlosen Diners werden Fressorgien, aus einfachem Wasser eine Geschmacksexplosion und aus dem Hund eine Legende.

 

Wir arbeiten, wir essen, wir trinken, und wir vögeln hier in der Küche. Hier leben wir. Hier ist unser Zuhause. Das andere Zuhause ist kein Zuhause. Das ist nur ein Zimmer, ein Verschlag, eine Ausnüchterungszelle mit einer fleckigen Matratze auf dem Boden, auf der wir versuchen zu schlafen oder nach einer Ohnmacht wieder zu Kräften zu kommen.
(Seite 61)

 

Und auch wenn sich die Geschehnisse regelmäßig überschlagen und die Protagonisten irrational handeln, liegt in dieser Unbestimmtheit auch die Stärke des Romans. In Der Hund finden sich sowohl Fantasy- als auch Horrorelemente wieder. Völlig überzeichnete Figuren wie Souschefin Lily oder den verklemmte Restauranttester fand ich großartig, obwohl ich mir sicher bin, dass sie nicht jeden schmecken werden. Aber so ist das nun mal – Der Hund ist eben kein Buch nach einem Alltagsrezept, sondern ein Genussmoment, der es in sich hat.

 

 

Der Hund von Akiz ist ein gefundenes Fressen für alle, die literarische Besonderheiten lieben.
Die Geschichte beißt sich im Kopf fest, hypnotisiert und spuckt einen am Ende sehr hungrig wieder aus –  denn ich will mehr von diesem Autor lesen!
Meinen Geschmack hat er definitiv getroffen und deshalb gibt es an dieser Stelle auch eine absolute Leseempfehlung von mir.

 

 

♥ Vielen Dank an den Hanser Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars! ♥

 

 

Über den Autor
Akiz, geboren 1969, lebt als Regisseur und Drehbuchautor in Berlin und Los Angeles. Bekannt wurde er durch Filme wie Der Nachtmahr und Das wilde Leben. Einer seiner Freunde jobbte in den Neunzigerjahren in einem Edelrestaurant in Los Angeles. Dort am Pass, wo das Essen aus der Küche an die Kellner überreicht wird, kam Akiz die Idee zu seinem ersten Roman.

Quelle: Hanser Literaturverlage

 

 

 

 

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