Autor: Thierry Smolderen & Alexandre Clerisse
Titel: Ein Jahr ohne Cthulhu
Herausgeber: Carlsen Verlag
Datum der Erstveröffentlichung: 02. März 2020
Buchlänge: 184 Seiten
Titel der Originalausgabe: Une anneé sans Cthulhu
ISBN: 978-3-551-72820-3
Preis: HC 24,99€
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♥ Dieser Beitrag enthält Werbung, da es sich um ein Rezensionsexemplar handelt ♥
Nach dem Thierry Smolderen sich in “Imperium des Atoms” einem Schurken des Science-Fiction-Romans und in “Ein diabolischer Sommer” einem Comicbösewicht gewidmet hat, nimmt er sich H. P. Lovecrafts Gruselgeschichte “Call of Cthulhu” an, und verlegt sie in die Achtzigerjahre, in der ein paar Jugendliche das gleichnamige Rollenspiel spielen. Mit fatalen Folgen!
Und wieder erweckt Alexandre Clerisse die Geschichte in den allerschönsten Bildern im Mad-Men-Style zum Leben erweckt.
Quelle: Carlsen Verlag
Es ist nicht tot, was ewig liegt, bis dass die Zeit den Tod besiegt.
(H.P. Lovecraft)
Kaum ein Schriftsteller regt zu so vielen neuen Adaptionen an wie H.P. Lovecraft mit seinen Horrorgeschichten und kaum ein Schriftsteller fasziniert mich seit Jahren so wie er. Ich habe fast all seine Werke gelesen und kann nie an einer Neuerscheinung von ihm vorbeigehen, selbst wenn ich sie in einer anderen Ausführung schon daheim habe.
Und aus diesem Grund fühle mich gerade auch ein bisschen wie im siebten Himmel, denn in den letzten Monaten hat der Carlsen Verlag gleich drei Lovecraft Adaptionen bzw. Mangas herausgebracht, die ich mir selbstverständlich sofort krallen musste.
Um Ein Jahr ohne Cthulhu soll es hier nun gehen und ich kann euch jetzt schon mal verraten, dass ich mehr als begeistert von diesem Buch bin!
1984, ein bunter Herbst, irgendwo in der französischen Provinz: Die beiden jugendlichen Hallodris Samuel und Henri stehen vor ihrem letzten Schuljahr und damit, eigentlich, vor einem Jahr ohne Blödsinn, und vor allem ohne ihr Pen-and-Paper-Rollenspiel Call of Cthulhu, das sie gerne mit der Außenseiterin Marie bekifft auf dem örtlichen Friedhof spielen. Denn seitdem die Bürgermeisterin herausgefunden hat, dass sie dort des Nächtens herumlungern, wurde ihnen dieser Spaß kurzerhand verboten und sie fügen sich, bis die betörende Melusine neu in der Schule auftaucht.
Melusine, die wie die junge Brigitte Bardot aussieht, einen antiken Anhänger trägt, hinter dem Interpol her ist, und angeblich gerade im Meer bei Beirut die untergegangene älteste Stadt der Menschheit untersucht hat. Deren Vater ein selbsternannter Druide ist.
Samuel und Henri kommt das alles vor wie direkt aus dem Werk von H.P. Lovecraft und natürlich soll sich Melusine ihrem Rollenspiel anschließen. Genau wie Samuels einstiger Sandkastenfreund Dani, der sich nach Jahren zurückmeldet und mittlerweile an künstlicher Intelligenz arbeitet.
Doch mit diesem Zusammenschluss lösen sie eine unheilvolle Kettenreaktion aus, die einen Kampf zwischen guten und bösen Mächten heraufbeschwört.
Makabre Rollenspiele auf dem Friedhof. Götter aus längst versunkenen Zeiten. Ein mystisches Computerprogramm. Und ein Haufen Leichen in der Wohnung eines Freundes.
In Ein Jahr ohne Cthulhu kommt einiges zusammen und trotzdem braucht man nicht unbedingt die stärksten Nerven, wenn man diesen Band lesen will. Denn mit ihrem dritten gemeinsamen Comic ist Thierry Smolderen und Alexandre Clérisse etwas absolut eigenständiges und großartiges gelungen, das nicht nur Horrorfans in ihren Bann ziehen wird.
Es ist vielmehr ein charmanter und alltagsnaher Zeichentrickstreifen in Buchform über die 1980er Jahre. Eine Geschichte über eine uralte böse Kraft, die sehr leichtfüßig und liebevoll gestaltet ist und einen wunderschönen Bilderstrudel enthält, der mich von vorne bis hinten begeistern konnte.
Die Themenvielfalt ist groß, ohne überladen zu wirken – quietscht und ächzt vor Ideen und Komplexität. An allen Ecken und Enden sind unsere Helden von bösartigen Schatten umzingelt und werfen mit einem Sperrfeuer an Zitaten und Anspielungen um sich. So heißt Samuel beispielsweise mit Nachnamen Le Fanu, wie der große Horrorschriftsteller, und auch einige Parodien lassen sich hier finden.
Für mich ist es schlicht und ergreifend eine wunderbare Hommage an die 80er Jahre, mit ihren dazugehörigen knalligen Farben, den gruseligen Rollenspielen und der Faszination für die ersten Heimcomputer, bei denen das Programmieren wichtiger war, als die damals noch schlichte Oberfläche.
Ein Jahr ohne Cthulhu ist kein Comic zum Durchblättern und weglegen, sondern zum Wieder- und Querlesen. Eine runde Sache mit Ecken und Kanten und eine Wundertüte.
Von mir gibt es daher auch eine absolute Leseempfehlung und einen Stempel zum Comic des Jahres!
♥ Vielen Dank an den Carlsen Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars! ♥
Über den Autor
Thierry Smolderen, geboren am 25. November 1954 in Brüssel, setzte sich während seines Studiums in Brüssel mit dem Animationsfilm auseinander und war in den 70er-Jahren als Kritiker in den Bereichen Theater und Musik aktiv. Anfang der 80er-Jahre beschloss er, sich fortan ganz und gar dem Comic zu widmen und schrieb unter anderem für die berühmten “Cahiers de la BD”. Bald darauf wechselte er als Szenarist auf die Seite der Macher und setzte zahlreiche Serien für Glénat, Humanoides Associés, Delcourt und Dargaud um. Seit 1984 lebt er in Angoulême, wo er an der “Ecole de l’image” unterrichtet.
Quelle: Carlsen Verlag